Ehrensache

Sie verleiht dem Dorftheater Flügel …

Ehrensache heisst die Komödie in drei Akten, welche Regisseurin Claudia Gysel mit dem Wilchinger Theater einstudiert. Die SN waren zu Besuch bei der erfolgreichen Regisseurin aus Wilchingen.

von Hans-Caspar Ryser

Wilchingen. Und wiederum steht den Dorftheaterliebhabern im Klettgauer Dichterdorf ein Theatergenuss besonderer Güte bevor: Unter der bewährten Regie von Claudia Gysel üben nämlich die Spieler des Wilchinger Theaters das Stück «Ehrensache», eine Komödie in drei Akten von Tina Segler, auf der Wilchinger Storchenbühne ein. Regisseurin Gysel gewährt im Gespräch einen Blick hinter die Kulissen der aufwendigen Regie- und Vorbereitungsarbeiten.

Die Auswahl des richtigen Stückes

Die Vorbereitungen für die Einstudierung des nächsten Theaterstücks beginnen bereits kurz nachdem der Vorhang der letzten Aufführung des vorhergehenden Stücks gefallen ist. Ein Jahr im Voraus macht sich nämlich Regisseurin Gysel mit der Unterstützung von Diana Häfliger daran, über das Internet geeignete Theaterstücke ausfindig zu machen. Dabei prüfe sie durchschnittlich 70 Theaterstücke, bis sie dann drei Vorschläge der Theaterkommission präsentiere. Doch die endgültige Wahl werde von den Theaterspielern selber getroffen, da sie schliesslich die Ausführenden seien. Ausschlaggebend für die Wahl des jeweils zur Aufführung gelangenden Stücks seien die Darsteller und die Handlung. Übrigens, zehn Prozent der Billetteinnahmen müssen dem Verlag, der das Stück zur Verfügung stellt, entrichtet werden. Dazu kommen Übersetzungskosten sowie die Entschädigung des Regisseurs, welche bei Gysel mit 600 Franken sehr bescheiden ausfällt, verlangen doch Profiregisseure zwischen 12 000 und 15 000 Franken.

Ein vertrackter Erbschaftsvertrag

In der für dieses Jahr ausgewählten Komödie geht es um die adlige Erbin und Baronin Barbara von Hoheneck, welche einen Erbvertrag, ohne ihm durchzulesen, unterschreibt und sich dabei verpflichtet, für ein Jahr auf Schloss Hoheneck zu leben und auszuharren. Zu allem Übel muss die Baronin die Schweine füttern, im Garten arbeiten und die völlig unbegabte Theatergruppe des Schlosses zum Erfolg führen. Doch zum Glück steht ihr Urururgrossmutter Magdalena in ganz besonderer Art und Weise hilfreich zur Seite … «Bewährt hat sich die Vorgehensweise, dass, nachdem die Spieler das Stück ausgewählt haben, ich ihnen die Rolle zuweise», erklärt Gysel. Dabei komme ihr entgegen, dass sie die einzelnen Spieler mit ihren Begabungen und Schwächen sehr gut kenne und ihnen daher eine fast auf den Leib geschneiderte Rolle zuweisen könne. Manchmal brauche es dabei etwas Überzeugungsarbeit.

Biografie der eigenen Rolle

Gleich nach der Rollenverteilung schreiben alle Spieler eine mögliche Biografie ihrer Rolle auf. Damit beginnen sie sich mit ihrer Rolle und der dahinterstehenden Persönlichkeit zu identifizieren. Es komme immer wieder vor, dass die Rollen derart authentisch gespielt würden, dass einzelne Zuschauer nicht mehr zwischen der gespielten Rolle und dem wirklichen Verhalten zu unterscheiden vermöchten. «Ich habe gar nicht gewusst, dass du solche eine bist», heisst es dann gegenüber der unbedachten Darstellerin eines Callgirls … Anfang Dezember werden die Biografien sowie die ebenfalls von den Spielern organisierten Kostüme besprochen, bevor mit Proben begonnen wird. Es komme selten vor, dass ein sogenanntes «Rampenschwein» über die Stränge schlage, indem es unvorhergesehene Einlagen inszeniere. Während der Aufführungen komme keine Soufleuse zum Einsatz. Stattdessen seien Überbrückungspassagen für Aussetzer vorsorglich eingeplant. Das neue Theater ist so weit einstudiert, dass Gysel getrost der Premiere vom 5. März entgegenblickt, wenn es dann heisst: Vorhang auf für die Komödie «Ehrensache»!