Lustig wie selten etwas
Bericht im «Schaffhauser Bock» vom 10. März 2015
Aufführung «Mord on Backstage»
WILCHINGEN. Das Wilchinger Theater zeigt mit «Mord on Backstage» ein Lustspiel, das den Namen verdient hat. Der Flyer zu «Mord on Backstage» verrät nicht im Ansatz das, was einen tatsächlich erwartet, wenn man sich das Stück ansieht. Man rechnet mit einem Stück im Stück, einem Lustspiel, aber wie lustig und hochwertig dieses Schauspiel tatsächlich inszeniert ist, lässt sich nicht erahnen.
Kein übliches Laientheater
«Mord on Backstage», das Lustspiel in drei Akten von Claudia Gysel, präsentiert vom Wilchinger Theater unter der Regie von Brigitte Kessler, feierte vergangenen Freitag Premiere. Weitere Vorstellungen folgten am Samstag und Sonntag. Dieses Lustspiel und die Wilchinger Theatergruppe werfen die gängigen Klischees, mit denen Laientheater teilweise behaftet sind, über Bord. Die Handlung ist nicht abgeschmackt, die Darsteller spielen sehr gut, die Kostüme sind aufwendig und die Komik schraubt sich im Laufe des Stücks immer weiter in die Höhe. Dieses Lustspiel lässt auch Menschen mit einem feineren Humor, die sonst vieles, was für komisch erklärt wird, für Gegenteiliges halten, herzlich lachen.
Bei «Mord on Backstage» geht es um eine Laientheatergruppe, die mit ihrem Regisseur (gespielt von André Christe) ein neues Stück, das von diesem geschrieben wurde, am Einstudieren ist. Die Schauspieler tun sich schwer mit dem altenglischen Drama, für das es der Regisseur verkaufen will. Dieser empfindet sein Stück als Geniestreich, frei von jeglichen Einflüssen. Dabei erinnern die langen Namen der Adeligen in seinem Stück, gespickt mit dem englischen «th», stark an Loriots «Die englische Ansage», wo diese Namen Evelyn Hamann als Ansagerin völlig aus dem Konzept bringen. Auf diese und andere fremde Einflüsse weisen die Laiendarsteller den Regisseur auch hin, dieser lässt aber keine Kritik an seinem Stück zu. Unerbittlich treibt er die Proben voran, bei denen sich die Darsteller mit den gestelzten, sinnentleerten Dialogen abmühen, die der Regisseur Shakespeare nachempfunden haben will.
Gestört wird der Probenbetrieb auch durch den Neuankömmling Cindy (gespielt von Alexa Odermatt), die sich als neuen Star am Himmel sieht, eigentlich aber nur durch Beziehungen an die Rolle gekommen ist. Hinzu kommen die Eheprobleme der Laiendarsteller Peter und Melanie (gespielt von Tanja Lange und Dani Schläpfer) und weitere Animositäten zwischen den Darstellern.
Was schief gehen kann, geht schief
Als der Regisseur während der Proben zusammenbricht und später halbtot im Krankenhaus liegt, entscheiden sich die Darsteller, die Premiere trotzdem zu spielen. Sie schlüpfen in ihre barocken Kostüme und geben ihr Bestes, die Aufführung zu einem Erfolg zu bringen. Gestört wird diese allerdings durch einen Kommissar (gespielt von Hans Gysel), der den Darstellern mitteilt, dass er wegen Mordversuchs am Regisseur ermittelt. Weiter erschwerend kommt die zunehmende Trunkenheit des Darstellers Luca Bötsch (gespielt von Micha Hodler) hinzu. Cindy hat sich einen Premierenscherz erlaubt und das Wasser, das für Sherry ausgegeben werden sollte und von den Adeligen auf der Bühne getrunken wird, mit echtem Sherry ersetzt. Dem zart besaiteten Luca bekommt dies nicht gut, was sich deutlich auf seine Spielfähigkeit auswirkt.
Was besonders zum Witz des Lustspiels beiträgt, ist, dass die Szenen, welche die Spieler in der ersten Hälfte von «Mord on Backstage» proben, in der zweiten Hälfte erneut gespielt werden – dieses Mal an der Premiere und in den Kostümen. So kann der Zuschauer verfolgen, wie die Szenen bei der Premiere immer weniger mit jenen der Proben zu tun haben, wodurch sie immer komischer werden. Das Interessante ist nicht, herauszufinden, wer den Mordversuch am Regisseur verübt hat, sondern, wie sich die Darsteller durch die Premiere kämpfen.
SH Bock 10.03.15